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Fragen und Antworten rund um den Mauersegler, Vorstellung von Projekten und Kolonien
Mikkki

Re: Biologie / Verhalten von Mauerseglern

Beitrag von Mikkki »

Mittwoch, 15. Mai 2013, 13:58
Anflugverhalten
Hi,

ich komm nochmal zurück auf den Beitrag zum Anflugverhalten der Mauersegler an die Nistkästen. Dieses Verhalten zu kennen, ist absolut wichtig, um vielleicht selbst erkennen zu können, ob sich die Anbringung eines Nistkasten an einer bestimmten Stelle überhaupt lohnt oder eben nicht. Bei mir hat es sich jetzt eher zufällig ergeben, dass sich die Grundbedingungen für den Anflug in den verschiedenenJahren grundlegend geändert haben, und die Mauersegler auch tatsächlich ihr Verhalten zumindest in Teilen umgestellt haben.



Bedingung 1: Hausabstand zum Nachbarhaus 6 m, hohe Bäume überall, Nistkasten in ca 10 m Höhe Einflugloch Rundloch Durchmesser 5cm, 5-6 Stare in Nistkästen drum herum
Jahre 2008-2010 Mauersegler insgesamt: 1 Pärchen

Bedingung 2: Hausabstand zum Nachbarhaus natürlich gleich, hohe Bäume überall Nistkästen 10-12 m Höhe Einflugloch Seglerlangloch, 30* 70 mm, keine Stare
Jahre 2011-2012, Mauersegler insgesamt 3 Pärchen

Bedingung 3: Gleichbleibend wie 2, allerdings alle hohen Bäume auf dem Nachbargrundstück entfernt
Saison 2013 3 Pärchen, Einzelvogel in einem weiteren Kasten


Verhalten1: Dichter Vorbeiflug an der Hauswand des Nachbarhauses in 3- 4m Höhe, Emporschießen zwischen den Häusern schneller Einschlupf. Es wurde in Kauf genommen dass man im Vobreiflug am Nachbarhaus den eigenen Nistkasten noch nicht sehen kann! Keine Variation der Anflüge, Anflug erfolgt stets gleich. Das Verhalten ist offenbar dem Feinddruck geschuldet, falls irgend möglich, grif das Starenmännchen sofort an.

Verhalten 2: Zunächst ähnlicher Anflug des ursprünglichen Pärchens, die neuen flogen direkt etwas freier ein, d.h segelten zwar auch entlang des Nachbarhauses, z.T. aber auch schon in Dachhöhe, es gab immer nochmal Parabaleinflüge, aber die Tiere bevorzugten es im Laufe der Ssaison eindeutig ihren Nistkasten während des gesamten Anflugs sehen zu können.
So gab es auch schon mal relativ gerade Einflüge.

Verhalten 3: Einige Tiere schießen quasi im rechten Winkel in ihre Nistkästen rein, d.h sie nähern sich von links, man kann den Anflug schon ab 60 m Entfernung beobachten, fliegen zwischen die beiden Häuser und fliegen dann zwischen den Häusern eine 90 Grad Kurve mit 2 m Radius, und das irre schnell. Eigentlich sehr fotografenfreundlich, mal schauen. Das geht jetzt offenbar gut, da der Kirschbaum, der die Sicht und den Anflug behinderte, gefällt ist. Da der Anflug geändert war hab ich nicht gleich erkennen können, das das Pärchen tatsächlich hierhin gehört. Da sie aber zumindest ab und an auch mal anders anfliegen kann ich es jetzt mit ziemlicher Sicherheit sagen.
In diesr Konstellation hätte ich die Dreickskästen rechts auch mit Einflugloch in der Vorderfront belassen können, ab diesem Jahr hätte es also gepasst, nun ja, meijne neu gebauten Kästen werd ich nicht einmotten...hätte hätte Fahrradkette...

Ich fürchte nur dass meine Kästen, die ich erst dieses Jahr auf der Westseite angebracht hab, vieleicht für die Galerie sind. Richtig gut sehen können sie MS vielleicht nur im Tiefflug, und dann stört vielleicht ein Baum. Die Hoffnung stirbt zuletzt... schaun wir mal, vielleicht akzeptieren sie ja auch Bedingung 4, weil die andern MS Bedingung 3 so schön finden..

Viele Grüße aus dem verregenten Düsseldorf

Mikkki
Mikkki

Re: Biologie / Verhalten von Mauerseglern

Beitrag von Mikkki »

Samstag, 29. Juni 2013, 11:11
Hi,

ich hab in der Vergangenheit am frühen Abend schon mal häufiger festgestellt, dass zunächst überhaupt keine MS da sind, und sie dann quasi einsickern aus großen Höhen ( geschätzt 200-250 m Höhe) um dann ihre Flugspiele aufzunehmen. Ich hab mich schon häufiger gefragt warum sie dies tun. Insekten gibt es in solchen Höhen wohl eher weniger als im Vergleich 100 m tiefer. Ich glaube auch nicht, dass sie irgendwelchen Pollen ausweichen. Und Spass haben könnten sie auch in 100 m Höhe oder auch 50 m, da gibts genau so wenig Hindernisse.

Beobachten kann man dies natürlich nur bei schönem Wetter ( also jetzt gerade irgendwie nicht). Jetzt meine Vermutung: Da sie bei schönem Wetter leicht ihre Jungen und sich selbst versorgen können, ich schätze sie brauchen nicht mehr als 6 Stunden, machen sie dort oben ein Nickerchen am Spätnachmittag . Was anderes fällt mir nicht ein.
Euch??

Anmerkung: Ich möchte jetzt bitte keine bösen Zungen hören, die behaupten ich möge nicht von mir auf andere schließen... Ich frage durchaus ernsthaft was dahiner stehen könnte. Im Nistkasten sind ja ständig unruhige Junge, schlafen kann man da bestimmt nicht gut.

Mikkki
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martin
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Re: Biologie / Verhalten von Mauerseglern

Beitrag von martin »

Samstag, 29. Juni 2013, 11:23
Zitat von »Mikkki«
Beobachten kann man dies natürlich nur bei schönem Wetter ( also jetzt gerade irgendwie nicht). Jetzt meine Vermutung: Da sie bei schönem Wetter leicht ihre Jungen und sich selbst versorgen können, ich schätze sie brauchen nicht mehr als 6 Stunden, machen sie dort oben ein Nickerchen am Spätnachmittag . Was anderes fällt mir nicht ein.
Euch??


Die Idee mit dem Nickerchen erscheint mir durchaus bedenkenswert. Zudem die Nächte im Hochsommer sehr kurz sind. Könnten aber auch Spaßflüge sein. Je höher sie fliegen, desdo sicherer sind sie vor Freßfeinden.
Gruss,
Martin
Ruhrman1969

Re: Biologie / Verhalten von Mauerseglern

Beitrag von Ruhrman1969 »

Sonntag, 20. April 2014, 11:03
Wird mal Zeit, dieses Thema wieder hervorzuholen ...

Ich schau mir nun seit Wochen die Datenbanken und die Satellitenbilder bei Ornitho.de, Ornitho.ch (Schweiz) und Ornitho.it (Italien) an, ebenso das kleine Portal in Spanien ...

Wer hat eigentlich mal die These erstellt, dass die Mauersegler über die Alpen kommen ?

Also anhand der Auswertungen von Sichtungen der letzten Wochen UMFLIEGEN die Mauersegler (mit Ausnahme der in den Alpen brütenden MS) die Alpen geschickt.

Es gibt dabei zwei Routen nach Deutschland, die sie nehmen. Eine über Italien, das dürften Hauptsächlich die Ostdeutschen, Tschechischen und Polnischen Mauersegler sein ... und die andere über Spanien und Frankreich, das sind die Westdeutschen und Benelux-Segler.

Bei Ornitho.ch kann man in der Datenbank (wenn man sich angemeldet hat) schön sehen, wie die Mauersegler sich in den letzten Tagen vom Genfer See her bis zum Bodensee durchgearbeitet haben.
Auf der Karte von Ornitho.de sind in Deutschland auch die ersten Mauersegler eher im Westen und Südwesten angekommen, im Südosten und Osten aber noch nicht, bei gleicher Wärme und gleicher Helligkeit. Der Weg über Niederösterreich ist halt weiter.

Man muss sich mal vorstellen, wie viele Mauersegler zur Zeit über Südeuropa Richtung Norden ziehen. Man geht von geschätzten 4 bis 5 Millionen Mauerseglern aus, Birdlife sogar von geschätzten 15 Millionen.... die halten sich derzeit irgendwo zwischen Nordafrika und der Linie Pyrenäen-Alpen-Schwarzes Meer auf und kommen jeden Tag 100 bis 200 km nach Norden voran .... IRRE !!!


Ich hab euch mal eine Karte erstellt, um die Zugrouten zu veranschaulichen. Üblicherweise ziehen sie immer an großen Flüssen und Seen entlang (Rhone, Rhein, Donau, Po) oder an Küstenlinien.

Hoffe die Karte gefällt ....
Dateianhänge
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martin
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Re: Biologie / Verhalten von Mauerseglern

Beitrag von martin »

Sonntag, 20. April 2014, 11:11
Klasse Erkenntnisse, die du da gesammelt hast. Macht für die Segler ja auch Sinn, den Weg des geringsten Wiederstandes zu gehen. Sie brauchen auf ihrem Zug ja auch jede Menge Nahrung. Das ist über den Alpen ja nicht gegeben.
Gruss,
Martin
Ruhrman1969

Re: Biologie / Verhalten von Mauerseglern

Beitrag von Ruhrman1969 »

Samstag, 26. April 2014, 11:34
Also ich beschäftige mich in diesem Jahr intensiv mit dem Zug der Mauersegler und werte mehrmals am Tag Sichtungen in Mittel- und Südeuropa aus und vergleiche diese mit aktuellem Wetter, Windverhältnissen in Bodennähe, in 500 m Höhe, in 800 m, in 1500m und in 3000 m ...

Ich bin auf einen Artikel gestoßen (es gibt mehrere Behauptungen im Netz), dass Mauersegler beim Zug in 3000 m Höhe fliegen.

https://www.welt.de/wissenschaft/articl ... irbus.html

Ich halte das schlichtweg für falsch !

Warum ?
Es gibt mehrere Gründe:

1.) Mauersegler sind Dauerflieger und verbrauchen viel Energie. In 3000 m Höhe gibt es aber keine Fluginsekten bei normalen Bedingungen. Fluginsekten werden nur von der Thermik in solche Höhen gerissen, ist aber selten. Meistens halten sich die Fluginsekten zwischen Boden und 500 bis 1000 m Höhe auf. Die meisten natürlich in den ersten 100 m ab Boden.
Würde der Mauersegler also immer wieder sinken in diese Luftschicht zum fressen und dann wieder auf 3000 m aufsteigen zum weiterflug ? Wohl kaum.

2.) Auf 3000 m wäre es einfach zu kalt ... bedeutet noch mehr Energieverbrauch und zudem höhere Belastung durch Wind. Ein Beispiel ?
Aktuell (26.4.) über Frankreich zwischen 0 und -4 Grad in 3000 m Höhe, über Spanien grade mal +2 Grad, auch über Nordafrika, über Tunesien auch -2 bis -4 Grad .... dazu dann noch Westwind zwischen 60 und 90 km/h ... und ich rede vom Mittelwind und nicht von den Böen
.... tut sich ein Mauersegler das an ? Nein, sicher nicht ... Insekten würden gefroren vom Himmel fallen.

Schlafend in den Sommernächten mögen sie bis auf 3000 m steigen, obwohl ich auch das anzweifle ... ich denke, die meisten werden irgendwo zwischen 800 und 1200 m segelnd übernachten.... mal abgesehen von einzelnen, die nächtliche Konvektion noch höher trägt.

Meine Einschätzung ist über die Zughöhe irgendwo zwischen 500 und 1000 m ... da wo Insekten sind, die sie auf dem zug abfischen, und da wo es auch deutlich milder ist.
Selbst bei 500 m ist ein Mauersegler vom Boden aus nicht mehr zu sehen. Aber hören könnte man sie...

Fazit: Nur weil mal ein oder zwei Mauersegler zufällig auf 3000 m von irgendwelchen Forschern entdeckt wurden, heißt es noch lange nicht, dass ALLE da oben ziehen und Schlafen .... das wird genauso ein Märchen sein, wie der Zug über die Alpen, wovon ich seit diesem Monat weiß, dass es Quatsch ist ...

Wie sehr ihr das ?

lg
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martin
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Re: Biologie / Verhalten von Mauerseglern

Beitrag von martin »

Samstag, 26. April 2014, 12:21
Zitat von »Ruhrman1969«
Wie sehr ihr das ?


Komplett genauso.
Gruss,
Martin
Mikkki

Re: Biologie / Verhalten von Mauerseglern

Beitrag von Mikkki »

Samstag, 26. April 2014, 13:10
Hi,

bin ganz bei Dir, gibt nichts hinzuzufügen...

Mikkki
Ruhrman1969

Re: Biologie / Verhalten von Mauerseglern

Beitrag von Ruhrman1969 »

Montag, 28. April 2014, 12:06
Hier mal einige Zeilen von Tigges zum Mauerseglerzug und vor allem zur Ankunft:

Zitat
Die Sommerbesiedlung der Mauersegler erfolgt regelmäßig in vier Wellen. Früheste Sichtungen: 16.04.88 Gatower Havel, 16.04.89 Kladower Havel. 13.04.95 wieder über der Gatower Havel, bei niedriger Tagestemperatur und Nachtfrost; Berlin (West) 16.04.-01.05., Median 24.4. (n=25 Jahre) (alle Angaben BOA, Berlin). Region Prenzlau 25.04.-03.05. (n=34 Jahre, Schonert in Dittberner 1996). Welche Tiere in dieser ersten Vorwelle in unser Gebiet kommen, ist noch unbekannt. Zumeist verliert sich die Sicht nach dem ersten Auftauchen auch für einige Tage wieder. Vieles spricht dafür, dass es sich hierbei nicht um die lokalen Brutvögel handelt.
Tigges weiter: (kriegs nicht komplett ins Zitat ... wohl zu lang der Text)
"Die zweite Welle bedeutet sicher die Ankunft der ersten Brutvögel. In den Ländern Brandenburg und Berlin erfolgt sie konstant in der ersten Maiwoche und ist seit Beginn der Aufzeichnungen unverändert (z.B. Brehm 1876 und Sliwinsky 1938). Das mittlere Ankunftsdatum in Potsdam ist der 6. Mai (Auel 1917, 19 Beobachtungsjahre; Weitnauer & Scherner in Glutz von Blotzheim 1980 zitieren fälschlicherweise den 4. Mai) und in Berlin der 7. Mai (Voigt 1994, 18 Beobachtungsjahre). Die Hauptwelle der Segler erscheint zwei bis drei Tage später, es brüten jedoch nicht alle Ankömmlinge dieser Gruppe.
Die individuelle Heimkehr der Brutvögel ist jedoch recht variabel und neue Erkenntnisse über den Kulturfolger ergeben sich aus Datenreihen von Individuen, die bisher vernachlässigt wurden. Beobachtungen E. Kaisers zufolge (25 Kontrolljahre) ist das Datum der Rückkehr in die Kolonie stark wetterabhängig und schwankt bis zu 17 Tagen. Ringkontrollen machten deutlich, daß es ausgeprägte Vorlieben für ein frühes oder spätes Heimkommen einzelner Individuen gibt; ältere Individuen tendieren zu früherer Heimkehr.
Die Ankunft eines Brutvogels in Berlin-Neukölln (Nähe Rathaus) am Nistplatz war am 12.5.93, 8.5.94, 5.5.95, 8.5.96, 16.5.97 (kalte Periode Anfang Mai) und 9.5.98 (U. Tigges).
Mit der Ankunft der Nichtbrüter in der zweiten Junihälfte ist der Bestand komplett (Tigges 1999)."


..........................................................

Mir war schon immer klar, dass zumeist drei Wellen kommen.
Locken in den ersten Tagen hat sich nie gelohnt.
Zweijährige Mauersegler, die letztes Jahr auf einen Nistplatz als Einjährige aufmerksam wurden, kommen zwischen dem 10. und 15. Mai hier in Bochum an. Die Nestlinge aus dem letzten Jahr dann um den 10. bis 15. Juni herum.
Dieses Jahr wird ein Großteil zusammen ankommen und die beiden Hauptwellen wohl mehr oder weniger zu einer Welle zwischen dem 5.5. und 10.5. verschmelzen, da wird ab Freitag bis Anfang der nächsten Woche (4.5.) starken Nordwind von Benelux bis zur Küste Marokkos haben.


Macht aber nix, dann geht direkt die Post so richtig ab.


lg
Mauersegler Hilfe
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Kullmann
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Registriert: Mo 5. Dez 2016, 12:36

Re: Biologie / Verhalten von Mauerseglern

Beitrag von Kullmann »

Montag, 28. April 2014, 17:03
Vielen Dank für diese tolle Information. Ich finde das sehr spannend was du alles schreibst.
Denn ich finde, an solche Informationen kommt man ja sonst auch nicht so einfach ran.
LG Simone
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